Historisches Fahrzeug – Der Hürdenlauf

Oldtimer erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Ob als Wertanlage, Hobby oder teilweise sogar als Zweitwagen. Aber wer oder was wird wie zum Oldtimer?

Historisches Fahrzeug – Der Begriff

Die Begriffsbestimmung für historische Fahrzeuge findet sich im österreichischen Kraftfahrgesetz (KFG) 1967, §2 Absatz 1, Ziffer 43.

Demnach ist ein historisches Fahrzeug ein erhaltungswürdiges, nicht zur ständigen Verwendung bestimmtes Fahrzeug,

  • mit Baujahr 1955 oder davor, bzw.
  • das älter als 30 Jahre ist und in die vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie approbierte Liste der historischen Kraftfahrzeuge eingetragen ist (§ 131b)
  • welches nicht für den alltäglichen Gebrauch verwendet wird.

Die Liste – Österreichs Heiligtum

Diese approbierte Liste wird jährlich vom Kuratorium für historische Mobilität in Zusammenarbeit mit dem Beirat für historische Kraftfahrzeuge beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie publiziert. Sie dient als Basis für den Genehmigungsvorgang von historischen Kraftfahrzeugen.

Hinsichtlich Fahrzeuge, die nicht in die Liste eingetragen sind, kann der gesetzlich eingerichtete Beirat Empfehlungen betreffend die Erhaltungswürdigkeit und den Erhaltungszustand abgeben und die Liste ergänzen. Das Gesetz verlangt, dass bei der Beurteilung der Erhaltungswürdigkeit, insbesondere auf die Umweltauswirkungen bestimmter Fahrzeugbauarten Bedacht zu nehmen sei. Vorabbestätigungen können bei Vorliegen der Voraussetzungen vom Kuratorium für historische Mobilität ausgestellt werden.

Ein Onlineabfrage kann man hier durchführen: Approbierte Liste historischer Fahrzeuge

Ist das Fahrzeug in der Liste vorhanden, muss man sich eine kostenpflichtige Bestätigungsurkunde (Auszug aus der Liste) besorgen.

Unterlagen – Hürde Nr. 1

Erforderliche Unterlagen inländisches Fahrzeug

  • Bestätigungsurkunde der approbierten Liste
  • Fahrzeugdokument (Typenschein)
  • Besitznachweis (Kaufvertrag oder Rechnung)
  • Technisches Datenblatt, Fachliteratur, Genehmigungsdokumente von typengleichen Fahrzeugen, etc.
  • Gutachten eines Sachverständigen für historische Fahrzeuge
  • Geräuschgutachten, Baujahrbestätigung, etc.

Erforderliche Unterlagen importiertes Fahrzeug

  • Nachweis der Verzollung falls das Fahrzeug nicht aus einem EU-Land importiert wird, es ist jedoch egal in welchem EU-Land die Verzollung durchgeführt wird.
  • Für die zollrechtliche Behandlung zum begünstigten Zolltarif „9705“ für Antiquitäten wird in Österreich unter Umständen der Nachweis bestimmter Eigenschaften des Fahrzeugs gefordert

Der Umfang weiterer Nachweise wird bei der Prüfung des Fahrzeuges vom Amt der Landesregierung (KFZ-Landesprüfstelle) festgelegt. Die Prüfstellen der Landesregierungen teilen auch mit, für welche technische Ausrüstungsgegenstände eine Nachrüstung erforderlich ist (z.B. Blinker, Bremslicht) und wo eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird (z.B. Abgaswerte, Lautstärke, etc.).

Genehmigung – Hürde Nr. 2

Eintrag in bestehende Dokumente

Fahrzeuge mit originalen österreichischen Dokumenten (Einzelgenehmigung oder Typenschein) können bei der zuständigen Prüfstelle der Landesregierung auf „historisches Fahrzeug“ geändert werden. Der Vorgang ist von Bundesland zu Bundesland geringfügig abweichend bzw. auch davon abhängig ob und welche Veränderungen am Fahrzeug im Laufe seines Lebens vorgenommen wurden.

Einzelgenehmigung

Fahrzeuge, die keine österreichischen Papiere besitzen (Import oder keine Papiere mehr vorhanden) sind beim zuständigen Amt der Landesregierung als historisches Fahrzeug genehmigen zu lassen. Falls keine frühere Zulassung nachgewiesen werden kann („Scheunenfund“) kann der Besitznachweis über eine eidesstattliche Erklärung erfolgen. Außerdem muss das Fahrzeug sich sowohl technisch wie auch historisch in einwandfreiem Zustand befinden.

Nach erfolgter Einzelgenehmigung muss das Fahrzeug (in allen Fällen!) in der zentralen Genehmigungsdatenbank (ZGD) durch das zuständige Finanzamt freigeschaltet werden, erst dann kann eine Zulassung erfolgen. Für „historische Fahrzeuge“ ist, unabhängig davon wo die Erstzulassung erfolgte, derzeit (2019) keine NoVA zu entrichten.

In allen Fällen gilt

Je nach Fahrzeugalter bzw. Herkunftsland können Nach/Umrüstungen, insbesondere bei Beleuchtungseinrichtungen, Reifendimensionen, etc. notwendig sein. Dies kann aber erst bei der Vorführung beurteilt werden.

Fahrzeuge die wesentliche Veränderungen (historische Umbauten) aufweisen und daher nicht mehr dem ursprünglichen Genehmigungszustand entsprechen (z.B. Motor aus einer anderen Fahrzeugtype) können als „historisches Fahrzeug“ genehmigt werden, wenn dieser Umbau nachweislich älter als 30 Jahre ist (z.B. vor mehr als 30 Jahren eine Einzelgenehmigung mit diesen Merkmalen ausgestellt wurde). In diesen Fällen ist praktisch immer ein SV-Gutachten erforderlich.

Eine Vorführung des Fahrzeugs beim Amt der Landesregierung (KFZ-Landesprüfstelle) ist praktisch unumgänglich.

Zulassung – Hürde Nr. 3

Für die Zulassung eines historischen KFZ benötigt man im Prinzip die gleichen Dokumente wie für jedes andere Fahrzeug (Typenschein oder Einzelgenehmigung, Besitznachweis, Prüfgutachten § 57a, Meldezettel, etc.). Zusätzlich wird von der Zulassungsbehörde eine Versicherungsbestätigung über eine bestehende Haftpflichtversicherung verlangt. Eine Kaskoversicherung ist hingegen freiwillig. Bei österreichischen Originalpapieren und länger zurückliegender Abmeldung ist zu beachten, ob die letzte Abmeldung auch im Typenschein eingetragen ist (oder eine Abmeldebestätigung vorhanden ist).

Sollte die letzte Abmeldung mehr als 10 Jahre zurückliegen, so muss in den meisten Fällen das Fahrzeug vorher in die „zentrale Genehmigungsdatenbank“ eingetragen werden. Dieser Eintrag ist bereits für die erforderliche § 57a Überprüfung („Anmeldegutachten“) notwendig und wird über die Prüfstellen durchgeführt, wobwi mit einer Vorlaufzeit von ca. 2 – 3 Tagen ist zu rechnen. Alternativ kann der Eintrag in die Genehmigungsdatenbank auch über eine Zulassungsstelle der Versicherung erfolgen.

Benützung – Am Ziel

Fahrtenbuch

Laut Gesetz dürfen historische Kraftwagen lediglich an maximal 120 Tagen pro Jahr verwendet werden, historische Krafträder an 60 Tagen pro Jahr. Dazu müssen „fahrtenbuchartige Aufzeichnungen“ geführt werden. Diese Aufzeichnungen müssen dem Fahrzeug eindeutig zuordenbar und dürfen nicht manipulierbar sein. Die Eintragung in das Fahrtenbuch ist so zu führen, dass die jeweilige Fahrt bereits vor deren Antritt ausgefüllt sein muss. Diese Eintragungen müssen das Datum, den Zweck der Fahrt und den Startort enthalten. Nachträglich ist das Ziel und die zurückgelegten Kilometer zu ergänzen. Das Fahrtenbuch ist ständig mitzuführen und den Straßenaufsichtsorganen auf Verlangen vorzuweisen.

Pickerl

Historische Kfz müssen nur alle zwei Jahre zur §57a-Überprüfung.

Bei dieser Überprüfung ist vorzuweisen:

  • Genehmigungsdokument (Typenschein, Einzelgenehmigung)
  • Fahrtenbuch

Fazit – Nachspiel

Trotz alledem ist die Typisierung als Oldtimer freiwillig, d.h. man kann natürlich jedes Fahrzeug normal weiter verwenden. Sollte allerdings einmal eine Registrieung als Oldtimer erfolgt sein, gibt es keinen Weg zurück. Allerdings gibt es für Oldtimer teilweise auch massive Vergünstigungen bei der Haftpflicht- u. Kaskoversicherung da die Versicherer von einem geringeren Risiko ausgehen. Für eine Kaskoversicherung wird allerdings vom Versicherer zur Festlegung der Versicherungssumme ein Wertgutachten verlangt. Die Abgasvorschriften werden laufend strenger, immer mehr Städte verhängen Fahrverbote für nicht abgasarme Fahrzeuge. Damit man auch in Zukunft in diese Umweltzonen einfahren kann, ist die Typisierung als „Historisches Fahrzeug“ erforderlich.

Alle Angaben ohne Gewähr!

Fotos und Text © by Wolfgang Müller